DVF NEWS - Landesverband Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern

  • 16.04.2019 DVF Berlin

    Über das Licht in der europäischen Malerei – und was es mit der Fotografie zu tun hat.

    Am 2. März 2019 fand der Workshop mit Dr. Hoffmann bei der Fotogruppe Osram statt. Hier einige Ausführungen zum Vortrag.

    Über einen Zeitraum von fast 2000 Jahren Malerei- und Kulturgeschichte hat sich die Rolle und Bedeutung des Lichts in der Malerei grundlegend verändert. Damit wurde auch die Bedeutung des Lichtes in der Fotografie in den Fokus gerückt. Dieses Zusammenwirken war Thema der Kulturwissenschaftlerin Dr. Barbara Hofmann aus Berlin, die vor knapp 40 DVF-Mitgliedern und Gäste am 2. März dazu referierte.

    Frau Dr. Hofmann stieg ein mit einer kurzen Betrachtung des Verhältnisses von Malerei und Fotografie, konzentriere sich aber ansonsten auf die Malerei. Ein guter Ansatz für uns Fotografen, wie ich fand.

    Ausgehend von der Schöpfungsgeschichte spielt das Licht in der christlichen Bildkultur eine zentrale Rolle. Das Licht des Mittelalters ist ein goldgeprägtes
    Leuchten. Die Gemälde zeigen zwar dunkle und helle Stellen, aber keine Schatten und keine Lichtquelle. Wir kennen alle die Aureolen um die Köpfe und Körper der Heiligen. Das Licht hatte über lange Zeit vor allem eine sakrale Bedeutung, war Ausdruck des Göttlichen und holte das Göttliche in die Welt. Dass Tiefe, Dramatik und Präsenz eines Bildes durch Licht entstehen, spielte bis ins 15. Jahrhundert kaum eine Rolle, weil es im Bewusstsein der Menschen noch nicht angekommen war. Erst allmählich fanden gerichtetes Licht, klar konturierte Schatten und Perspektive Eingang in die Malerei. War das Licht der Gotik noch
    strahlendes Licht und unmittelbarer Ausdruck des Göttlichen wie beispielsweise in der Glasfenstermalerei und vielen Buchillustrationen, bekam das Licht in der Renaissance die Funktion, auf das Erhabene hinzuweisen bzw. zu zeigen.

    Jan van Eyck revolutionierte die Licht- und Raumdarstellung in der Malerei und
    überwand mit seinen naturalistischen Werken die mittelalterliche Malerei. Er leitete mit aus heutiger Sicht fast fotorealistischen Darstellungen eine neue Kunstepoche nördlich der Alpen ein, was im Land des Lichts in Italien erst zeitversetzt rezipiert und angenommen wurde. In beeindruckenden Nachtstücken von Bosch und Jan Brueghel oder der Hell-Dunkelmalerei eines Caravaggio wird das Potential des Lichts, dramaturgisch Wirkung zu entfalten, voll ausgeschöpft. Dieser Einsatz des Lichtes evozierte bei den Menschen der Zeit unterschiedlichste Phantasien. Das wirkt bis heute fort. Mit Betrachtungen zum Licht als atmosphärischem Phänomen unter anderem am Beispiel von William Turner führte uns Frau Dr. Hofmann dann zu den Vorläufern der abstrakten Malerei. Turner beschränkte sich auf ein Minimum an Gegenständen, die er mit unzähligen atmosphärischen Farb- und Helligkeitsabstufungen abbildet. Bemerkenswert waren auch die Erläuterungen zum "Bedeutungsverlust" des Lichts in der Malerei der Moderne.

    Die Konzentration des Vortrages auf das Licht in der Malerei war aus meiner Sicht ein Vorteil. Die Fotografie ist nicht nur ein Medium der Aufzeichnung. Das Licht lädt auch das Foto mit Bedeutung und Wirkung auf. Ich habe aus dem dichten anschaulich präsentierten Vortrag mitgenommen, dass die Malerei für die Beurteilung des Einsatz und der Einschätzung der Wirkung des Lichts in der Fotografie eine unverzichtbare Schule des Sehens darstellt.

    Ein großer Dank geht an Frau Dr. Hofmann. Aber auch an Gerd Weber, der für die gelungene Veranstaltung verantwortlich zeichnet. Klasse! Danke auch an den Landesverband des DVF mit dem neuen Vorsitzenden Dr. Uwe Hantke, die Fotogruppe Osram, in deren Räumlichkeiten der Vortrag stattfand und die Fotografenvereinigung Kreuzberg, die schon vor einiger Zeit dieses
    Thema aufgegriffen hat, was jetzt seine Fortsetzung fand.

    Christoph Linzbach, Teilnehmer

    Über die Referentin
    Frau Dr. Barbara Hofmann studierte Kunstgeschichte, klassische Archäologie und Ethnologie in Heidelberg und Berlin. Sie promovierte 1999 an der Freien Universität Berlin über den deutschen Landschaftsmaler Joseph Anton Koch und arbeitet seit Abschluss ihres Studiums als freischaffende Kunsthistorikerin im Auftrag des Goethe-Instituts, der Freien Universität und für andere öffentliche Institutionen in der Berliner Erwachsenenbildung.
    Schwerpunkte ihrer Arbeit sind die Kunstvermittlung, die Konzeption und Betreuung diverser Kursreihen mit kunst- und kulturhistorischer Ausrichtung sowie die Entwicklung neuer Programmformate