Fotografie News - Landesverband Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern

  • 01.01.2023 Fototechnik

    Trends im Bereich Kameramarkt...

    ...oder wohin geht die Reise




    Der Kameramarkt ist eine Spielwiese der Hochtechnologie. Man sollte annehmen, dass die Kamerahersteller ständig bemüht sind, Produkte zu präsentieren, die einen Anspruch auf Marktführerschaft begründen oder festigen. Viel Geld wird investiert, so die Vermutung, um zu verhindern, dass sie von der Konkurrenz der Smartphones kanibalisiert werden. Die Überfülle an Produkten, die wir in den letzten Jahren gesehen haben, scheint aber einen Rückgang an Investitionen im Bereich Technologie nahezulegen. Steckt darin eine Strategie sich der Smartphone-Konkurrenz zu erwehren?

    Die Liste der technologischen Entwicklungen ist lang und damit wurden die technischen Grenzen, die dem Fotografieren innewohnen, immer weiter verschoben. Stichworte sind der Einsatz von Mikroelektronik , Messsucher, Autofokus, Bildstabilisierung, digital statt analog, spiegellose Systeme und so weiter. Man erinnert sich an bahnbrechende Kameramodelle wie die Nikon F, Leica M3, Minolta Maxxum 7000 AF, Nikon D1, Minolta DiMAGE A1 oder  die Panasonic Lumix G1. Diese Modelle standen für einen Markt, der technologigetrieben war. Anmutung und Haptik spielten gleichwohl eine Rolle wie die Leica M3 zeigte.

    Innovation in Kombination mit massentauglicher Produktion schuf spannende rapide wachsende Märkte wie man mit dem Aufkommen der spiegellosen Systemkameras im Jahre 2010 sah. Die Folgen waren disruptiv, ein bestehendes System in Frage stellend  aber letztendlich gewinnträchtig für die Hersteller. Disruption, Störung, Erschütterung, Unterbrechung oder wie man es auch nennen mag, waren die Folgen für die Kamerahersteller, die mit dem Aufkommen der Smartphones verbunden waren; jetzt allerdings zu ihrem Schaden. Die Umsätze gingen zurück, der Kameramarkt implodierte.

    Der Druck auf die Hersteller innovativ zu sein, blieb dennoch hoch, wollte man nicht vollständig abstürzen. Das Marketing setzte weiter auf Innovation. In der Realität entsprach dies aber nicht der Zahl und Bandbreite von Entwicklungen, die man angesichts der Herausforderungen hätte erwarten können.

    Es kristallisierten sich in den letzten Jahren Trends heraus, die den Kameramarkt bewegen. Retro ist einer davon. Fuji und Olympus sind schon seit längerem auf diesen Zug aufgestiegen. Aktuell legte Nikon die Zfc vor. Eine Ausnahme unter den Kameramodellen des Herstellers, das anachronistisch anmutet, allerdings mit einem modernen Innenleben ausgestattet ist. Nikon setzt hier nicht auf die Technik sondern auf das Design. Mit der Z50 gibt es technisch gesehen ein vergleichbares Modell, dass allerdings mit einer modernen Anmutung daherkommt. Kamerakäufer sind sentimental. Sie wollen nicht nur gute sondern auch gut aussehende Kameras erwerben.

    Personalisierung ist ein zweiter Trend, den Pentax vorantreibt. In 2022 kündigte Pentax an, personalisierte Kameramodelle zu produzieren, die sich von den standardisierten massentauglichen Modellen durch ihre Variabilität unterscheiden. So wie die Verbraucher es vom Automarkt kennen oder Fahrradkauf gewohnt sind. Mit standardisieren Modellen im DSLR-Bereich kann Pentax kaum noch Geld verdienen und der Umstieg auf die Spiegellosen ist für Pentax wohl zu teuer und in einem immer kleiner werdenden Markt mit den Platzhirschen Canon, Sony und Nikon kaum lukrativ. Den Aufpreis für die Personalisierung soll natürlich der Kunde zahlen, wer sonst.

    Eine Variation dieser Strategie, deren Umsetzung und Erfolg abzuwarten bleibt, bietet seit Jahren der Hersteller Leica mit einer Vielzahl von Sondermodellen an, die sich vor allem an Sammler richten; zu keinen Zusatzosten für den Hersteller. Mehr Gewinn bei identischen Kosten.

    Ein weiterer Trend ist die Ausgabe von neunen Modellen, die nichts anderes sind als ein Facelift bestehender Modelle. Oder rechtfertigt ein neuer Bildprozessor von einem neuen Kameramodell zu sprechen? Wohl kaum.

    Schließlich hat sich in den letzten Jahren immer mehr die Praxis durchgesetzt, regelmäßig sogenannte Firmware Updates herauszubringen. Leistung und Funktionsweise von Kameras hängen mehr denn je von der verwendeten Software ab. Olympus war hier von Anfang an ganz vorne dabei. Sony, Canon und Nikon verbessern ihre Autofokusleistung ständig.

    Denkbar ist, dass diese Hersteller vergleichbar zu Adobe die Leistung vorhandener Modelle weiter verbessern aber weniger neue Hardware anbieten. Nachhaltig wäre das ganz sicher. Der Kunde zahlt das Update, kauft aber keine neue Kamera. Denkbar ist auch, dass die Kamerahersteller in Zukunft stärker auf Modellvarianten setzen, die technologisch unterschiedlich aufgestellt sind, in der Hardware aber identisch. Warum nicht?

    Christoph Linzbach