Fotografie News - Landesverband Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern

  • 29.06.2023 Hintergrundwissen , Wettbewerbs- und Ausstellungshinweise

    Fotokrimi

    Vor dem Amtsgericht Tiergarten






    Vor dem Amtsgericht Tiergarten wurden berühmte Namen der Fotografiegeschichte verhandelt. Oder besser gesagt, der Verkauf der Fotos dieser Fotograf:innen war Gegenstand einer Urteilsverkündung.

    „Werke aus dem Nachlass des bekannten Fotografen Wilmar Koenig sollen veruntreut worden sein. Fotos und Kunstwerke landeten in einem Auktionshaus. Angeklagt ist jetzt der Nachlassverwalter.“

    So ging es vor einiger Zeit durch die Berliner Medien.

    Ein Rechtsanwalt stand gestern vor Gericht, dem die Staatsanwaltschaft vorgeworfen hatte, er habe hunderte von Fotografien unterschlagen und zu Spottpreisen verkauft.

    Der 2018 verstorbene Fotograf Wilmar Koenig hatte in seinem Nachlass eine Sammlung von Fotografien, die sich sehen lassen kann. Die Besten der Besten gehörten dazu. August Sander und William Egglestone und viele andere.

    Wilmar Koenig war Mitbegründer der „Werkstatt für Photographie“ in Berlin Kreuzberg. Schon in den 1970er Jahren zählte er zu den Pionieren der künstlerischen Farbfotografie in Deutschland und hat über Jahre immer wieder gemeinsame Reisen mit dem US-amerikanischen Fotografen William Eggleston unternommen.

    Aus seinem Nachlass hatte ein Jurist und Nachlassverwalter Fotos verkauft ohne Absprache. Der Jurist hat gegenüber dem Nachlassgericht, dem er als Nachlassverwalter Rechenschaft schuldet, behauptet, er habe nie etwas verkauft. Tatsächlich hat er die Fotos bei Ebay eingestellt und an einen jungen, ganz offensichtlich sachkundigen Mann in 11 Tranchen veräußert. 11.500 Euro für bedeutende Werke der Fotogeschichte.

    Dieser hat dann die Bilder als Sammlung Wilmar König in dem Berliner Auktionshaus Bassenge versteigern lassen. Ein 130 Seiten langer Katalog wurde erstellt. Der Erlös lag über 100.000 Euro.

    Als Entschuldigung vor Gericht führte der  Nachlassverwalter private und berufliche Schwierigkeiten an, die ihn von einer ordentlichen Abwicklung der Angelegenheit abgehalten hätten. Das hat die Richterin nicht überzeugt. Das Urteil lautete schuldig der Untreue, 9 Monate auf Bewährung, Rückzahlung der 11.000 Euro und Übernahme der Gerichtskosten.

    Die Fotos sind allerdings „weg“. Der junge sachkundige Käufer hatte in gutem Glauben gekauft.

    Man ist geneigt zu sagen, dass es sich immer lohnt, etwas von Fotografie zu verstehen. Aber das würden wir ja in einem solchen Kontext so nie formulieren.

    Christoph Linzbach